miromente 2

miromente 2 - Februar 2006


HELMUT KRAUSSER
unfug und humbug

CHRISTIAN FUTSCHER
Aus 'Zwei Herren, vier Daumen', kleine Stücke, Drehbücher, Szenen...

KURT BRACHARZ
Ereignisse

RASPUTIN GABRULOWITSCH
Jesus17+4

WWW.BZV.AT
Parteiprosa

DANIELA EGGER
Mein Körper ein Mahlstrom
Ritual und Kampf

EIN UNTERNEHMER
Das Geständnis II


(Mauszeichnungen von Ulrich Gabriel)



LESEPROBE
(aus: Wolfgang Mörth - Geständnis II)

Als sich die Lage meines Unternehmens Anfang 1997 dramatisch verschlechtert hatte, und ich mit meinen Nerven ziemlich am Ende war, beschloss ich kurzerhand nach Vals in die vor einem Monat neu eröffnete Felsentherme zu fahren, um mich dort für zwei Tage von meinem nicht mehr zu unterdrückenden Hass auf ein paar Kollegen, Geschäftspartner und Bankdirektoren zu reinigen. Ich hatte viel von Peter Zumthors Neubau gehört, überhaupt war Zumthor in Bregenz, wegen seines umstrittenen Kunsthausbaus, seit Jahren schon ein dankbares Gesprächsthema gewesen. Ich, für meinen Teil, bewunderte ihn für seine Fähigkeit, einmal für gut befundene Ideen auch unter Druck und gegen Widerstände durchzusetzen.

Ich kam am 16. Jänner gegen Mittag in Vals an, am Nachmittag des folgenden Tages reiste ich wieder ab. Das genügte, um mein Leben wieder auf die Schienen zu stellen. Alle, die jetzt glauben, das habe etwas mit der speziellen Atmosphäre zu tun gehabt, die in der Felsentherme herrschte, muss ich enttäuschen. Der Aufenthalt dort hat mir zweifellos geholfen, ich schätzte auch das Fehlen von Chlorgeruch und Kindergebrüll, doch zu einer derart fundamentalen Änderung meiner Haltung hätten die "Sorgfalt und Poesie" sowie die "radikale Ästhetik und Formensprache"* der Architektur allein niemals führen können. Mein Erweckungserlebnis, um es einmal pathetisch auszudrücken, hatte ich an einem anderen Ort, und aus einem anderen Grund.

Der drohende Konkurs und die damit zusammen hängenden Enttäuschungen hatten mich aufgewühlt und geschwächt. Ein Zustand, der aus heutiger Sicht auch seine Vorteile hatte. Lang gepflegte innere Barrieren begannen durchlässig zu werden. Ich fühlte mich sozusagen offen auch für Ungewöhnliches, für eine verhängnisvolle erotische Begegnung zum Beispiel, oder für die leichtsinnige Überschätzung meiner körperlichen Fähigkeiten, sogar die Möglichkeit, nicht mehr nach Hause zurück zu kehren, sondern mich von Zürich aus nach Übersee abzusetzen, zog ich in Erwägung
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